Die Erhebung des deutschen Volkes im Jahre 1813

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Der furchtbare Winter des Jahres 1812 hatte Napoleons Macht in Rußland vernichtet. Sofort regte sich die lang unterdrückte Freiheitsliebe des deutschen Volkes, und neue Hoffnungen wurden wach. Vorsichtiger mußten der König von Preußen und seine Ratgeber verfahren; sie durften nicht allein ihrer Begeisterung folgen, sie hatten besonnen für das Heil von Millionen zu sorgen. Noch standen seit dem Durchmarsche von 1812 in Berlin und Spandau französische Besatzungstruppen, etwas ferner drohten die von Hamburg und Magdeburg. Beängstigende Gerüchte verbreiteten sich, als beabsichtige man von französischer Seite eine plötzliche Gefangennahme des Königs, um in dessen geliebtem Haupte ein Pfand für die Ruhe des Volkes zu besitzen. Wie schlugen deshalb auf einmal alle Herzen freier und höher, als es kund ward, der König habe am 22. Januar Potsdam verlassen, um sich nach dem vom Feinde unbesetzten Breslau zu begeben! In verschwiegener Eile hatte Friedrich Wilhelm III. die Stadt erreicht, die den erwarteten Bundesgenossen Rußland und Österreich nahe war und die ihn mit offenen Armen empfing. Der König war nun in seinen Entschlüssen frei. Und bald folgte der denkwürdige Aufruf vom 3. Februar. Derselbe forderte in kurzen, einfachen Worten auf, in der gegenwärtigen gefahrvollen Lage des Staates ein freiwilliges Jägerkorps und so eine Pflanzschule von künftigen Offizieren zu bilden. In dem Aufrufe war der Feind, gegen den es gehen sollte, nicht genannt; aber das preußischeVolk verstand seinen König doch. Sofort erhob sich die gebildete Jugend. Die Universitäten schlossen die Hörsäle, die oberen Klassen der Gymnasien wurden leer, die Turnplätze wurden Waffenplätze. Zuerst von Berlin kamen auf kecker Turnfahrt acht Jünglinge zu Fuß nach Breslau, mitten durch Eis und Schneegestöber, mitten durch das vom Feinde besetzte Land. Dann drängte sich alles herbei. In Berlin meldeten sich in drei Tagen 9000 Freiwillige. Der Jugend folgten die Männer, selbst die höchsten Stellen des Staates schienen verwaisen zu sollen, und bald mußten eine neue Verfügung dem allzu eifrigen Andrange steuern. Es bildeten sich die Freischaren, besonders dazu bestimmt, aus dem nichtpreußischen und rheinbündischen Deutschland vaterlandsliebende, gebildete, kampflustige Jünglinge aufzunehmen. Unter ihnen ist die Lützowsche die berühmteste geworden, welche den Totenkopf und die schwarze Uniform führte und durch Theodor Körner vor allem verherrlicht worden ist ( Siehe an SS - Adolf Hitler ). Tränen tiefster Rührung im Auge, sah König Friedrich Wilhelm von seinem Fenster in Breslau herab die unübersehbare Reihe von Wagen aus Berlin anlangen, von denen ihm die Jünglinge, oft noch eher Knaben zu heißen, entgegenjubelten. Der gleiche Kampfesgeist zuckte bis in die tiefsten Volksschichten hinunter. Bürger und Bauern in Preußen hatten so Unsägliches an Bedrückung und Mißhandlung erfahren, daß der Ingrimm mit aller Furchtbarkeit losbrach. Die Rekruten in ihren blauen Kitteln zogen mit trotzigem preußischen Soldatengesange an französischen Regimentern vorüber, denen es anfing, in dem überall glühenden Lande unheimlich zu werden. Indessen näherte sich auch Kaiser Alexander mit seinem Heere der Stadt Breslau. Am 15. März holte Friedrich Wilhelm seinen hohen Gast in Breslau ein, unter dem Schall der Glocken, unter dem Jauchzen und Weinen eines von den heiligsten Gefühlen der Vaterlandsliebe bewegten Volkes. Zwei Tage darauf, am 17. März erschien der Aufruf Friedrich Wilhelm III. :

“ An mein Volk ! “

“ So wenig “, heißt es darin, “ für mein treues Volk als für Deutsche bedarf es einer Rechenschaft über die Ursachen des Krieges, welcher jetzt beginnt. Klar liegen sie dem unverblendeten Europa vor Augen. - Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litauer! Ihr wißt, was ihr seit sieben Jahren erduldet habt, ihr wißt, was euer trauriges Los ist, wenn wir den beginnenden Kampf nicht ehrenvoll enden. Erinnert euch an die Vorzeit, an den großen Kurfürsten, an den großen Friedrich! - Selbst kleine Völker sind für gleiche Güter gegen mächtige Feinde in den Kampf gezogen; erinnert euch der heldenmütigen Schweizer und Niederländer! - Es ist der letzte, entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand. Keinen andern Ausweg gibt es als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang ( Siehe an Adolf Hitler 1945 !!! ). Auch diesem würdet ihr getrost entgegengehen um der Ehre willen, weil ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag. Allein wir dürfen mit Zuversicht vertrauen, Gott und unser fester Wille werden unserer gerechten Sache den Sieg verleihen, mit ihm einen sicheren, glorreichen Frieden und Wiederkehr einer glücklichen Zeit ! “

An demselben Tage verkündigte der König seinem Volke die Errichtung der Landwehr und des Landsturmes für das gesamte Preußen. Als Ehrenzeichen für die Tapfern dieses heiligen Krieges ward vom Könige am 10. März, dem Geburtstage der verewigten Königin Luise, der Orden des eisernen Kreuzes gestiftet. Mit herzlichen Worten hatte sich der König an sein Volk gewendet und, indem er es zur Mitwirkung an seinem Werke aufforderte, es mündig gesprochen. In unvergleichlich herrlicher Weise antwortete das preußische Volk diesem Vertrauen. Das Königreich Preußen, damals an Einwohnern nicht mehr als fünf Millionen zählend, stellte bis zum Sommer 1813 ein Heer von 271000 Streitern, also von 18 Seelen einen Mann zu den Waffen. Gleiches hat nie ein Volk getan. Noch fehlte es an Bekleidung, Verpflegung, Bewaffnung. Aber es begann jetzt ein rührender Wetteifer in freiwilligen Gaben. Auch der Ärmste brachte sein Scherflein. Wo in dem ausgesogenen Land Geld fehlte, griff man zu andern Mitteln. Eheleute brachten die goldenen Trauringe und erhielten dafür eiserne, deren Inschrift lautete:

“ Gold gab ich für Eisen. “

Eine arme Jungfrau, Ferdinande von Schmettau, brachte den einzigen Schmuck, den sie besaß, ihr schönes Haupthaar. Das Weib ließ den Gatten, die Verlobte den Bräutigam, die Mutter den Sohn willig ziehen; Schmach hätte den Zurückbleibenden getroffen. Unter Glockenklang mit feierlich - kirchlicher Segnung zogen die Scharen aus in den heiligen Krieg. Eine solche Feier fand in Breslau in Gegenwart Alexanders und Friedrich Wilhelms statt. Zu Rogau am Zobtenberge ward die Lützowsche Freischar eingesegnet, der Theodor Körner das kirchliche Weihelied gedichtet:

Wir treten hier im Gotteshaus 
mit frohem Mut zusammen. 
Uns ruft die Pflicht zum Kampf hinaus, 
und alle Herzen flammen. 

Doch was uns mahnt zu Sieg und Schlacht, 
hat Gott ja selber angefacht;
dem Herrn allein die Ehre!

Und in Berlin geschah am 27. März vor dem Schlosse unter freiem Himmel die Einweihung des Yorkschen Korps. Über dem Dome brach die Sonne durch das Wintergewölk, als der Prediger den Segen sprach. Denn nahm York selbst das Wort.

“ Ein unglückliches Vaterland sieht mich nicht wieder! “

war der Schluß seiner Rede.

“ Und das soll ein Wort sein! “

scholl es aus den Reihen der Soldaten als Antwort. Schon aber war die Begeisterung nicht mehr in Preußens Grenzen eingeschränkt; es ward eine deutsche Erhebung. Die deutsche Dichter, seit Schillers Tode (1805) fast verstummt, wurde wieder in neuen, frischen Klängen laut. Theodor Körner, der Sohn des würdigen Freundes Schillers, griff kühn in die Saiten. “ Leier und Schwert “ durfte er seine Lieder nennen, denn er kämpfte selber mit im heiligen Kampfe und hat freudig sein junges, edles Leben hingegeben. In seinem “ Aufruf “, gleichsam die Antwort des deutschen Volkes auf Friedrich Wilhelms Aufruf vom 17. März, wandte er sich an die Nation:

“ Zerbrich die Pflugschar, laßt den Meißel fallen, die Leser still, den Webstuhl ruhig stehn; verlasse deine Höfe, deinen Hallen! Vor dessen Antlitz deine Fahnen wallen, er will sein Volk in Waffenrüstung sehn. “

Er trat in die Lützowsche Freischar, in welcher neben ihm Jahn, der Meister der deutschen Turnkunst, Friesen, der Spiegel der deutschen Jugend dieser Zeit, und mancher andere treffliche Jüngling dienten. Die Todesahnung, die durch seine Lieder klingt, ist Wahrheit geworden, er wie Friesen fehlten im Siegesheimzuge. Körner fiel bei Gadebusch in Mecklenburg am 26. August 1813 und Friesen durch welsche Tücke beim Winterfeldzuge in Frankreich. Neben Körner, dem jugendlich herrlichen, sang der männlich tapfere Ernst Moritz Arndt, Steins treuer Begleiter in Rußland. Sein Lied fragte nach dem deutschen Vaterlande und gab die Antwort:

“ Das ganze D E U T S C H L A N D soll es sein ! “

Den Kriegern schrieb er in Luthers markiger Sprache einen “ Katechismus für den deutschen Wehrmann “. Darin hieß es u.a.:

“ Und es sind viele Laster schändlich zu nennen, doch das schändlichste von allen ist ein knechtischer Sinn. Denn wer die Freiheit verlor, der verlor jede Tugend, und dem zerbrochenen Mut hängen die Schanden sich an. “

Jedem deutschen Mann aber sangen er:

Der Gott, der Eisen wachsen ließ, 
der wollte keine Knechte;
drum gab er Säbel, Schwert und Spieß 
dem Mann in seine Rechte, 

drum gab er ihm den kühnen Mut, 
den Zorn der freien Rede, 
daß er bestände bis aufs Blut, 
bis in den Tod, die Fehde.

Endlich der weiche, melodische Schenkendorf, der, obwohl mit gelähmtem Arm, doch wie Körner auch mit in den heiligen Kampf gezogen:

Vaterland, in tausend Jahren 
kam dir solch ein Frühling kaum!

Was die hohen Väter waren, 
heißet nimmermehr ein Traum!

Diese Lieder, Volkslieder im besten Sinne, gingen neben andern Volksliedern, gleich den kampffreudigen Gesängen der Reformationszeit, zündend durch das ganze deutsche Land. Man besann sich, was man seit 600 Jahren schien vergessen zu haben, daß es noch ein deutsches Reich, ein deutsches Volk gebe, und bald erklärten selbst aus den Rheinbundstaaten viele Männer, daß sie Deutsche sein und die gemeinsame Sache des Vaterlandes gegen die Bedrücker ergreifen wollten. Dann ging es von Kampf zu Kampf, endlich von Sieg zu Sieg, bis in der gewaltigen Völkerschlacht auf Leipzigs Ebenen unserem Vaterlande die

“ F R E I H E I T “

erstritten ward.

Nach David Müller